Tief traurig nehmen wir Abschied von unserem Vereinsmitglied Dr. Joachim Poweleit, der am 3. Februar den Kampf gegen seine schwere Krankheit verloren hat.
Es war an einem dieser Sommerfeste im Bötzowviertel, als ‚Achim‘ beim Tortenwettbewerb mit verschmitztem Lächeln seine Kreation beisteuerte. Die Besucher sollten über die beste Torte abstimmen. Niemand ahnte, dass ausgerechnet ein männlicher Bewerber den Preis gewann: Eine Brille nach Wunsch vom Kiezoptiker. Damit hatte auch Achim nicht gerechnet, aber es gefiel ihm.
Vielseitig, interessiert, belesen – mit vielen Talenten ausgestattet, so war Achim. Im Bötzowviertel aufgewachsen und seit über 50 Jahren unermüdlicher Mitgestalter und guter Geist unseres Wohngebiets, war er im Jahr 2008 einer der Mitbegründer unseres Bürgervereins.

Bereits vor 1990 hat sich Achim federführend und sehr engagiert gemeinsam mit aktiven Bewohnern für deren Belange und Verbesserungen im Viertel eingesetzt und seine Spuren hinterlassen. Eine Kegelbahn (die es nicht mehr gibt), Wohngebietsfeste, Straßenbaumpflanzungen, Hofbegrünungen, Erhalt von Spielplätzen und historischer Gehwegplatten in der Straße Am Friedrichshain sowie Verkehrsberuhigungen sind ihm mit zu verdanken.
Mit der „Wende“ verlor auch Joachim, promovierter Historiker, seinen Arbeitsplatz, brachte jedoch für das geplante „Sanierungsgebiet Bötzowstraße“ seine wissenschaftliche Expertise und Gebietskenntnis in die Voruntersuchungen ein. Das eröffnete ihm neue berufliche Perspektiven, zuletzt als Stadtteilsozialarbeiter in Marienfelde, eine ‚Berufung‘, die ihn auch noch im Rentenalter nicht los ließ.
In seiner Freizeit engagierte sich ‚Achim ‘von 1995 bis 2011 in der von den Bewohnern des Bötzowviertels gewählten ‚Betroffenenvertretung‘, um sie bei dem sanierungsbedingten Umbruch zu unterstützen und Fortzüge zu begrenzen. Dennoch verließen im Zuge der Erneuerung über 80% der ehemaligen Bewohner das Viertel, das sich neu formierte.

Seit seiner Kindheit liebte Achim das Filmtheater am Friedrichshain und als nach 1990 sein Abriss drohte, trug er mit einigen Anwohnern aktiv zu seiner Rettung bei. Auch deshalb können wir in diesem Jahr dessen 100jähriges Jubiläum feiern. Und sein wichtiger Hinweis auf einen fast verschwundenen Gedenkort für prägende Berliner Gartengestalter und sein aktiver Anteil an der Neugestaltung führten zur Freude aller zum neuen „Lenné-Meyer-Garten“ an der Kniprode-/Virchowstraße.
Seit der Vereinsgründung des ProKiez Bötzowviertel e.V. brachte Achim sein Wissen und ehrenamtliches Engagement insbesondere für die Themen aktive Bürgerbeteiligung und Kiezgeschichte ein. Er forschte nach und stellte Ereignisse und Menschen vor, die auch im Viertel für Fortschritt und gegen den Nationalsozialismus gekämpft hatten und dafür ihr Leben lassen mussten. Auch dank seiner Initiative werden sie nach wie vor geehrt. Besonders beeindruckend waren seine Führungen durch den Kiez und seine Kenntnis über frühere jüdische Bewohner. Interessiert hat er sich jedoch für alle Themen und Angebote unseres Vereins und überall aktiv mit angepackt.
Zusätzlich übernahm er vor einigen Jahren noch die „Patenschaft“ für den Seniorentreff Am Friedrichshain 15 und verwöhnte die Besucher mit Zuwendung und Selbstgebackenem. Auch unsere „Zeitzeugen“- Gruppe mochte Achims Erinnerungen und seine gesellige Art sehr. Zudem unterstützte er die Friedensglockengesellschaft Berlin e.V.

„Im Grunde genommen…“ (seine beliebte Floskel) war unsere Vereinsarbeit ohne Achim kaum vorstellbar. Ein Mensch wie er, der alte und neu zugezogene Anwohner mit ihren unterschiedlichen Biografien immer verstehen und verbinden wollte, hat viel zu einem aufgeschlossenen und freundlichen Klima beigetragen. Zugewandt und warmherzig war er als Gesprächspartner und Ratgeber sehr beliebt und seine Meinung geschätzt. Er sah stets das Gute im Menschen, war bescheiden und stellte sich ungern in den Vordergrund, teilte mit anderen aber gern sein Wissen.

Achim war immer ein politisch und sozial denkender und handelnder Mensch, der sich für
humanistische Ideale wie Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität einsetzte, egal in welcher Gesellschaftsform er lebte. Er glaubte an die Möglichkeit notwendiger Veränderung für die Gesellschaft als Ganzes und die Kraft der Gemeinschaft im Einsatz für mehr eigene Mitbestimmung und Teilhabe.
Er liebte und las gern Bücher. Kaum jemand las so viel und schnell wie er. Als Schriftsetzer konnte er gut ‚Querlesen‘ und hatte zugleich einen besonderen Blick für schönen Buchdruck. Achim war nicht „Typisch Mann“…er konnte weder Rad- noch Autofahren, noch war er handwerklich begabt, er lebte Gleichberechtigung, kaufte gern ein, verwöhnte die Familie mit seinen Koch- und Backkünsten und bot immer eine Schulter zum Anlehnen. Wöchentlich schmückte er mit frischen Blumen das Zuhause und jährlich vergaß er nie, uns Frauen am 8. März eine Rose zu schenken.
Wir verlieren mit Achim nicht nur ein zuverlässiges und engagiertes Mitglied. Er war vielen von uns darüber hinaus ein aufrichtiger, kluger und liebenswerter auch privater Freund. Was er für das Gebiet, für ProKiez und sehr viele Menschen geleistet hat, lässt sich hier nicht annähernd würdigen. In unseren Gesprächen, Erinnerungen und Herzen wird Achim weiterleben und uns immer nah bleiben.
Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Frau Christel, den Kindern, Enkeln und anderen Angehörigen und Freunden, die diesen großen Verlust verkraften müssen. Ihr gemeinsames Leben mit vielen wunderbaren Erinnerungen möge ihnen in dieser schweren Zeit Trost geben.
Die Trauerfeier findet am 3. März 2025 um 11 Uhr auf dem Georgen-Parochial-Friedhof, Greifswalder Str. 229 statt.
Petra Wilfert – ProKiez Bötzowviertel e.V.