Veranstaltung: Jugendkriminalität im Bötzowviertel

Tino Schopf (SPD), moderiert die Veranstaltung

Die Sorge um zunehmende Jugendkriminalität im Bötzowviertel hat zahlreiche Anwohner*innen und Jugendliche zu einer öffentlichen Veranstaltung von *Kiez & Kurt* und Pro Kiez geführt. Besonders eindrücklich schilderten Jugendliche selbst, wie das sogenannte „Abziehen“ abläuft – das gewaltsame Abnehmen von Wertsachen wie Handys oder Markenbekleidung. Auch grundlose Übergriffe durch Jugendgruppen kamen zur Sprache. Streitigkeiten entstünden häufig aus nichtigen Anlässen oder ganz ohne erkennbaren Grund.

Infos aus erster Hand:
Martin Matz, SPD-Abgeordnetenhaus, Tino Schopf Moderator, Lenka Arndt und Sandra Driver, Präventionsteam Polizei

Unter der Moderation des Abgeordneten Tino Schopf (SPD) berichteten Lenka Arndt und Sandra Driever, zwei Beamtinnen des Präventionsteams vom Abschnitt 16 der Polizei Pankow, in der Kurt-Tucholsky-Bibliothek über ihre Arbeit an Schulen und im öffentlichen Raum. Täter wie Betroffene seien meist männlich, zwischen 12 und 18 Jahren alt und in Berlin aufgewachsen.

Mädchen und junge Frauen seien seltener von Raub betroffen, berichteten die Polizistinnen, würden jedoch häufiger sexuell belästigt. Teilweise würden gestohlene Gegenstände sogar gezielt an Mädchen verschenkt – offenbar als Machtdemonstration.

Die Polizei empfiehlt in Bedrohungssituationen: keine Gegenwehr leisten und geforderte Wertsachen – auch das Handy – herausgeben. In öffentlichen Verkehrsmitteln könne im Notfall die Notbremse gezogen werden. Ebenso wichtig sei es, gefährliche Situationen frühzeitig zu erkennen, etwa durch einen rechtzeitigen Straßenseitenwechsel, und auf das eigene Bauchgefühl zu vertrauen. Jugendliche sollten sogenannte „Safe Spaces“ wie Cafés, Geschäfte oder Restaurants kennen, in denen sie Schutz und Hilfe finden können.

Zentrale Bedeutung kommt dem Notruf 110 zu. Dieser müsse jederzeit erreichbar sein – ohne Warteschleife, so eine der zentralen Forderungen aus dem Publikum. Die Beamtinnen betonten, dass bei einem Notruf nicht aufgelegt werden solle, da man sonst wieder am Ende der Leitung lande. Die Polizei sei in der Regel innerhalb von sieben Minuten vor Ort. Aus dem Publikum kam zudem der Wunsch nach einer automatischen Standortübermittlung bei der 110 – bei der 112 ist dies bereits möglich. Auch die Notfall-App „NORA“, mit der Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste unkompliziert erreicht werden können, wurde empfohlen.

Trotz gestiegener Polizeipräsenz – laut dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Martin Matz, wurde die Zahl der Einsatzkräfte in den letzten Jahren um rund neun Prozent erhöht – bleibt die Entwicklung besorgniserregend. Während die allgemeine Kriminalitätsrate stabil geblieben sei, sei die Gewalt durch Jugendgruppen um 17 Prozent angestiegen. Im Bötzowviertel wurden 2024 bislang 138 Vorfälle erfasst, 76 mutmaßliche Täter konnten identifiziert werden. Die Aufklärungsquote bei Raub und Körperverletzung liegt laut Polizei bei rund 80 Prozent.

Jugendliche berichteten eindrucksvoll von den langfristigen Auswirkungen auf ihren Alltag. Viele meiden inzwischen Parks, treffen sich lieber zu Hause und gehen achtsamer durch den Kiez.

Die Veranstaltung endete mit einem deutlichen Appell: Es dürfe keine Kürzungen bei Jugend- und Sozialarbeit sowie im kulturellen Bereich geben. Eine Folgeveranstaltung ist für das vierte Quartal geplant. Weitere Informationen zur Sicherheitslage in Berlin finden sich im Kriminalitätsatlas Berlin.