Am 14. Februar trafen sich auf Initiative der AG Kiezgeschichte rund 25 Menschen am Stolperstein für den jüdischen Arzt und Widerstandskämpfer Dr. Hans Landshut. Gekommen waren auch der Bundestagsabgeordnete der Linken, Pascal Meiser, sowie Vertreter der Friedensglockengesellschaft Berlin e. V. und des VVN/Bund der Antifaschisten e. V.
Hans Landshut arbeitete ab 1932 als Arzt im Haus an der Ecke Bötzow- und Danziger Straße. Er steht stellvertretend für rund 800 Menschen, die bis zu ihrer Vertreibung durch die Nazis im Bötzowkiez lebten und arbeiteten.
Das Treffen führte Menschen aus der Nachbarschaft zusammen, die die Geschichte von Verfolgung und Widerstand gegen die Nazi-Diktatur nicht vergessen wollen, gerade angesichts von zunehmenden antisemitischen und rassistischen Anfeindungen in Berlin und in ganz Deutschland.
Klaus Lemmnitz regte in seinen einleitenden Worten als Sprecher der AG Kiezgeschichte an, für die vertriebenen Nachbarn ein digitales Gedenkbuch zu veröffentlichen, um die Erinnerung wach zu halten, auch wenn es kaum noch Zeugen aus dieser Zeit gibt. Dafür und für andere Vorhaben suchen die AG Kiezgeschichte und die befreundeten Organisationen engagierte Mitstreiter:innen.
Joachim Poweleit ist Historiker und ebenfalls Sprecher der AG Kiezgeschichte. Er berichtete
Aus dem Leben von Hans Landshut
Dr. Hans Landshut studierte bis 1923 in Heidelberg Medizin und arbeitete u. a. als Kassenarzt am Alexanderplatz. Ab 1932 praktizierte er im Bötzowviertel. Trotz Berufsverbots der Nazis war er nach 1938 weiterhin illegal als Arzt tätig, geschützt durch die sogenannte „privilegierte Mischehe“ mit seiner nicht-jüdischen Ehefrau Bertha Landshut.
Hans Landshut unterstützte in dieser Zeit von Verfolgung und Deportation bedrohte Juden, indem er ihnen Transportunfähigkeit bescheinigte. Zusammen mit den befreundeten Ehepaaren Maria und Bruno Stein sowie Johanna und Bruno Hinz versorgte er untergetauchte Juden mit Lebensmitteln und gefälschten Pässen. 1943 half er, ein mit dem Fallschirm abgesprungenes Mitglied der Moskauer Exil-KPD in Brandenburg zu verstecken. Am 7. Mai 1943 wurden sie verhaftet.
Im Polizeigefängnis Alexanderplatz konnte Dr. Landshut noch rund ein Jahr als Arzt wirken. Seine Ehefrau berichtete später, dass es dem Polizeimeister Metz dadurch gelang, seine Verlegung in ein Konzentrationslager zu verzögern. Im Mai 1944 wurde er in das KZ Sachsenhausen, im Juni in das Außenlager Lieberose/Jamlitz deportiert. Auch dort war er als Lagerarzt tätig und bildete mit dem sowjetischen Arzt Viktor Braschnikow und den deutschen politischen Häftlingen Gunther R. Lys und Siegmund Sdredzki eine Widerstandsgruppe.
Am 3. Oktober 1944 wurde Hans Landshut im KZ Sachsenhausen erschossen. Die Gestapo ermordete in dieser Zeit alle Zeugen der Fallschirmaktion der Moskauer Exil-KPD, zu denen auch Katja Niederkirchner gehörte, nach der ebenfalls eine Straße im Bötzowkiez benannt ist.
Bertha Landshut und ihre Tochter Lily lebten bis 1956 weiter im Bötzowviertel und zogen anschließend nach Westberlin. Bertha Landshut starb 1992 in Frankfurt a.M.
Quellen: Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Prenzlauer Berg und Weißensee, Berlin 2000; Andreas Weigelt: Dokumentationsstätte KZ-Außenlager Lieberose. 1943 bis 1945. Begleitband, Lieberose 2011
Erinnerungen des ehemaligen sowjetischen Häftlingsarztes Viktor Braschnikow, 1975:
„Er war ein guter Arzt im besten Sinne des Wortes. Er war ein Mensch, der seine Sache ausgezeichnet machte, war klug, gebildet und ein äußerst humaner Arzt. Er hing sehr an seiner Familie und konnte endlos über sie erzählen. Er glaubte fest daran, daß sich seine Frau um ihn bemühen und seine Freilassung erzielen würde. Wir waren sehr befreundet und ich schätzte ihn als Arzt und Mensch, der für die anderen immer Unterstützung und Trost fand, obwohl er, wie wir alle, Schweres durchmachten. Ungeachtet der schwierigen Bedingungen, sowohl der materiellen als auch der moralischen, verlor er den Humor nicht und verschönte dadurch entscheidend unser Leben.“
Quelle: Andreas Weigelt: Dokumentationsstätte KZ-Außenlager Lieberose. 1943 bis 1945. Begleitband, Lieberose o. J.