War es vielleicht der Versuch rechtsextremer Evangelikaler in den USA, Dietrich Bonhoeffer zu vereinnahmen, der so viele Menschen dazu bewegte, sich an seinem 80. Todestag in der nach ihm benannten Straße im Bötzowviertel zu versammeln?

Bonhoeffer, der Theologe, der sich dem Nationalsozialismus widersetzte, wird in den USA zunehmend als Projektionsfigur für ein rechtes Weltbild missbraucht. Seine Biografie dient dort einigen Kreisen als Rechtfertigung für den Kampf gegen den angeblich „tiefen Staat“ – ein Begriff, der insbesondere im Umfeld von Donald Trump und seinen Anhänger*innen kursiert. Diese Umdeutung seiner Geschichte sorgt auch in Deutschland für Besorgnis.

Alex von der AG Kiez Geschichte erinnerte in ihrer Rede daran, wie in den USA evangelikale Gruppen Bonhoeffers Vermächtnis instrumentalisieren, um ihre Agenda gegen demokratische Institutionen zu legitimieren. Dabei warnte sie eindringlich davor, wie gefährlich solche geschichtspolitischen Verzerrungen sein können – gerade in einer Zeit, in der demokratische Werte weltweit unter Druck stehen.
Mehr als 30 Menschen folgten dem Aufruf von Pro Kiez Bötzowviertel e.V., der Bezirksorganisation Prenzlauer Berg der Berliner VVN-BdA e.V., der Evangelischen Kirchengemeinde Am Friedrichshain und der Friedensglocken-Gesellschaft Berlin e.V., um an Dietrich Bonhoeffer zu erinnern – an sein Leben, sein Ringen mit dem Glauben und seinen Mut zum Widerstand.
Pfarrer Nils Huchthausen von der evanglischen Kirchengemiende Am Friedrichshain stellte in seiner Ansprache Bonhoeffers theologischen Hintergrund in den Mittelpunkt. Er schilderte dessen tiefes Ringen mit dem christlichen Glauben angesichts der Frage nach dem Tyrannenmord – ein innerer Konflikt, der Bonhoeffer schließlich in den militärischen Widerstand gegen Hitler führte.


Jutta Harnisch von der VVN-BdA erinnerte an das breite Spektrum des Widerstands gegen den Nationalsozialismus und betonte, dass Bonhoeffer nicht als Einzelkämpfer, sondern als Teil eines vielschichtigen Netzwerks verstanden werden müsse.
Zum Abschluss der Gedenkveranstaltung befestigten viele Teilnehmer*innen Blumen an den Straßenschildern der Dietrich-Bonhoeffer-Straße – ein stilles Zeichen der Erinnerung und der Mahnung.
