„Ihr hätte es gefallen“ – Gedenken an Inge Deutschkron

Tor mit Blumen und aufgeklebtem Foto, 2 Personen und Akkordeonistin

Pro Kiez Bötzowviertel e.V. – AG Kiezgeschichte, die Bezirksorganisation Prenzlauer Berg der Berliner VVN-BdA e.V. und die Friedensglockengesellschaft – Berlin e.V., erinnerten am 23. August 2022 in einer Gedenkveranstaltung anlässlich ihres 100. Geburtstages an Inge Deutschkron.

Es war ein sehr berührender und dennoch auch ein Abend mit dem ein oder anderen Schmunzeln.

Die jüdische Journalistin, Schriftstellerin und Politikerin, die als Kind mit ihrer Mutter in wechselnden Verstecken die Naziherrschaft überlebte, engagierte sich bis ins hohe Alter für das Gedenken an die Opfer der Shoa und gegen Antisemitismus.

„Ihr hätte es bestimmt gefallen,“ meinte André Schmitz, Vorsitzender der Inge-Deutschkron-Stiftung. Er würdigte Inge Deutschkron mit besonderen Worten, gerade auch, weil er sie bis zum Ende ihres Lebens im Rahmen der Stiftungsarbeit sehr nah begleiten durfte.

Jutta Harnisch von der Basisorganisation Prenzlauer Berg der @vvnbdaberlin würdigte insbesondere das Leben Inge Deutschkrons während der Naziherrschaft und in den ersten Jahren nach dem Krieg. Sie hat auch das Foto ausgesucht, auf dem Inge Deutschkron während ihrer Rede 2013 im Bundestag zu sehen ist.

Wer diese Rede noch nicht gehört und gesehen hat, kann und sollte dies auf YouTube unbedingt nachholen.

Eingerahmt wurde der Abend von der wunderbaren musikalischen Begleitung durch Isabel Neuenfeldt auf dem Akkordeon und mit einer Begrüßung durch Klaus Lemmnitz von Pro Kiez Bötzowviertel e.V. 

Porträt Inge Deutschkron

Leben und Wirken von Inge Deutschkron
Inge Deutschkron war die Tochter des sozialdemokratischen Gymnasiallehrers Martin Deutschkron und seiner Frau Ella. 1927 zog die Familie nach Berlin-Prenzlauer Berg.1933 erfuhr Inge Deutschkron von der Mutter, dass sie Jüdin sei. Der Vater wurde im April 1933 als SPD-Mitglied wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus dem Schuldienst entlassen. Er unterrichtete danach an der zionistischen Theodor-Herzl-Schule Berlin. Anfang 1939 erlangte er über seine Cousine, die für ihn eine hohe Kaution hinterlegt hatte, ein Visum für Großbritannien.

Da das Geld nur für eine Person reichte, sollte er zuerst ausreisen und für das Nachfolgen der Familie sorgen. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 konnten Inge Deutschkron und ihre Mutter jedoch nicht mehr fliehen. Von 1941 bis 1943 arbeitete Inge Deutschkron in der Blindenwerkstatt von Otto Weidt in Berlin-Mitte, der sie vor der Deportation bewahrte. Ab Januar 1943 lebte sie illegal in Berlin und versteckte sich, um dem Holocaust zu entgehen, mit ihrer Mutter bei nichtjüdischen Freunden. Mehrere der Personen, die Inge Deutschkron und ihre Mutter unterstützten und versteckten, waren Mitglieder oder aus dem Umfeld der linkssozialistischen Widerstandsgruppe Roter Stoßtrupp, so z. B. Otto Ostrowski.

1946 zog Deutschkron mit der Mutter nach London zu ihrem Vater, studierte Fremdsprachen und wurde Sekretärin bei der Sozialistischen Internationale. 1954 folgte eine Reise nach Indien, Birma, Nepal und Indonesien. Von dort kehrte sie 1955 nach Deutschland zurück und arbeitete als freie Journalistin in Bonn. 1958 wurde sie Korrespondentin für die israelische Tageszeitung Maariw. 1963 nahm sie als Beobachterin für Maariw am Frankfurter Auschwitz-Prozess teil. 1966 erhielt sie die israelische Staatsbürgerschaft.

Aus Verärgerung über wieder aufflammenden Antisemitismus in der deutschen Politik und die aus ihrer Sicht antiisraelische Haltung der 68er-Bewegung zog sie 1972 nach Tel Aviv. Bis 1988 arbeitete sie dort als Redakteurin für Maariw. Dabei widmete sie sich besonders der internationalen und der Nahost-Politik. Ihre Autobiografie „Ich trug den gelben Stern“ machte sie 1978 berühmt.

Für das Theaterstück „Ab heute heißt du Sara“ am GRIPS-Theater, eine Bühnenadaption ihrer Autobiografie, kehrte sie im Dezember 1988 nach Berlin zurück. Ab 1992 lebte sie als freie Schriftstellerin in Tel Aviv und Berlin.

Inge Deutschkron setzte sich dafür ein, dass die „Stillen Helden“ (Menschen, die Juden gerettet haben) vom deutschen Staat gewürdigt werden. Auf ihre Initiative wurde der Förderverein Blindes Vertrauen gegründet, dessen Vorsitzende sie war. Sie war Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.
Am 30. Januar 2013 hielt sie im Deutschen Bundestag die Rede anlässlich der Gedenkstunde zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Ab 2001 lebte sie ganz in Berlin, wo sie am 9. März 2022 starb.
(Quelle: Wikipedia)